1. Mai 2014: Demonstration beim Pferderennen Scheibenholz

Am 1. Mai 2014 jährte sich zum zweiten Mal die Tötung des Hengstes Proust auf der Leipziger Pferderennbahn. 2012 stürzte er auf der Zielgeraden, brach sich die Beine und wurde, nun nicht mehr profitabel, an Ort und Stelle getötet. Für den Leipziger Reit- und Rennverein Scheibenholz e.V. ein super Anlass, mit dem diesjährigen Auftaktrennen zu demonstrieren, wie gut sich immer noch mit Tierausbeutung Geld machen lässt. Für uns ein Anlass, gegen jegliche Ausbeutung von Tieren zu demonstrieren.

Zusammen mit ARIWA Leipzig und anderen Tierrechtler*innen starteten wir gegen 12 Uhr die Demo mit zahlreichen Aktionsformen. Per Infostand und Flyern wurde vor allem auf die massive Ausbeutung aufmerksam gemacht, der Pferde in der Rennindustrie ausgeliefert sind. Unterstützt wurde das durch Kreideaktionen, die einige Tatsachen über sogenannte „Rennpferde“ lieferten: Im Alter von zwei Jahren, wenn sie noch nicht ein mal ausgewachsen sind, werden sie bereits von Jockeys über die Rennbahn gepeitscht. Ihre jungen Knochen halten den Geschwindigkeiten von bis zu 50 km/h nicht stand. Zahlreiche Verletzungen und Unfälle sind die Folge. Über 700 Pferde starben allein in Deutschland zwischen 2011 und 2013 für die Rennindustrie, meist im Alter von unter 7 Jahren, einige noch direkt auf der Rennbahn. Wild lebende Pferde können bis zu 40 Jahre alt werden. 20% der Pferde überleben schon die erste Saison nicht. Wie das dann konkret aussieht, verdeutlichten wir den Besucher*innen mit einem Straßentheater: Ein als Jockey verkleideter Aktivist drohte peitschend unserem bereits am Boden liegenden „Pferd“ mit dem Schlachthof, wenn es nicht aufsteht und weiter rennt. Als wir Redebeiträge mitten in der Menge der Besucher*innen hielten, wurden die Securities des Scheibenholz e.V. zwar etwas ungemütlich (nicht, dass das zahlende Publikum noch mitbekommt, woran es da eigentlich teilnimmt), aber als sie bemerkten, dass sie mit Mackerposen nicht viel erreichten, zogen sie sich auch wieder zurück – nicht einschüchtern lassen!

All das machte es den Besucher*innen zumindest schwer, uns zu ignorieren. Die Resonanz ging dann wie üblich von Solidaritätsbekundungen und Interesse bis zu offener Anfeindung und völliger Leugnung des Leidens, denen die Pferde ausgesetzt sind. Die Argumentation der angeblichen „Pferdeliebhaber*innen“ blieb dann meist dabei stehen, Pferde würden ja Spaß an dem „Sport“ haben, weil sie Bewegung bräuchten. Etwas fassungslos machte uns dann der hartnäckige Glaube, Pferde wären nicht selbstständig in der Lage, sich zu bewegen. Ob diese Leute beim Joggen auch einen Menschen auf den Schultern tragen, der sie unablässig auspeitscht?

Nichts kann darüber hinweg täuschen, dass Pferde in der Rennindustrie zu Waren, zu Sportgeräten degradiert werden: Ihre Bedürfnisse nach Freiheit und körperlicher Unversehrtheit werden völlig den Interessen der Menschen untergeordnet: Dem Interesse, mit den Pferden Geld zu machen und dem Vergnügen, das offenbar einige Menschen dabei verspüren, auf das Pferd zu wetten, das am schnellsten über die Bahnen gepeitscht wird. Dass eben diese Besucher*innen dann beim Rennen auch eifrig die dort verkauften Bratwürste verschlangen, unterstreicht, wie allgegenwärtig die Ausbeutung von Tieren durch Menschen ist: Sie werden gezüchtet, getötet und gegessen, obwohl das nicht nötig ist. Sie werden in Käfigen gehalten, zur menschlichen Belustigung zu absurden „Kunststücken“ gezwungen oder zu Versuchszwecken missbraucht. Neben dem überholten Glauben von angeblich „unbewussten“ Tieren wird diese strukturelle Ausbeutung durch den Chauvinismus[1] des Menschen über andere Tiere gerechtfertigt. Neben zahlreichen anderen Chauvinismen, die zwischen Menschen konstruiert werden, ist das ein weiteres Indiz für die herrschaftsförmige, repressive Gesellschaft, in der wir leben.

Wie einfach es, exemplarisch am Beispiel des Pferderennens am 1. Mai 2014, auch anders ginge, zeigten die flachen Begründungen der Besucher*innen für die Teilnahme an diesem Rennen: „Abwechslung“, „mal raus kommen“, „Freunde treffen“… alles Dinge, die sich sehr gut ohne die Ausbeutung von Tieren bewerkstelligen ließen. Und dann auch gern mit ausgefallenen Hüten.

[1] Glaube an die Überlegenheit der eigenen Gruppe